Frühförderung Stellenangebote Gehalt

Wer kann Frühförderin* werden? Stellenangebot, Gehalt und Perspektiven in der Frühförderung

Interview mit Nicole Koch, Geschäftsführerin der Heilpädagogische gGmbH Lebenshilfe Oder-Spree

Christine Falk-Frühbrodt: Sie leiten die Frühförder-/Beratungsstelle der Lebenshilfe Oder-Spree und haben uns ein Stellenangebot geschickt, weil Sie zusätzliche Frühförderinnen bzw. Frühförderer für Ihr Team suchen und von unserer Ausbildung zur Frühförderin erfahren haben. So ist der Kontakt zustande gekommen.

Nicole Koch: So ist es. Den Fachkräftemangel im pädagogischen und therapeutischen Bereich bekommen auch wir hier in Fürstenwalde zu spüren. Aktuell suchen wir zwei weitere Frühförderinnen oder Frühförderer für unser interdisziplinäres Team. Da ist es naheliegend, Sie als Ausbildungsinstitut anzusprechen.

Christine Falk-Frühbrodt: Die Absolventinnen und Absolventen unserer Zusatzausbildung „Frühförderin / Frühförderer“ haben unterschiedliche Ausgangsberufe: Es nehmen u.a. Erzieher/innen, Heilerziehungspfleger, Kindheitspädagoginnen, Ergotherapeutinnen, Logopädinnen, Reha­bilitations­pädagoginnen, Sozialpädagogen und Erziehungs­wissenschaft­ler/innen teil. Haben alle Chancen auf eine Stelle in der Frühförderung?

Nicole Koch: Wir sind offen für Berufsgruppen verschiedenster Fachrichtungen. Der Bedarf an Frühförderung und Beratung wächst seit Jahren stetig an. Die Gründe sind sehr vielfältig und Corona hat diese Entwicklung beschleunigt. Früher hatten wir überwiegend Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen wie zum Beispiel dem Down-Syndrom, Epilepsie, Hirnschädigungen, Blinde oder Gehörlose in der Frühförderung. Diese haben in der Regel Heilpädagoginnen übernommen. Heute weisen etwa 80 Prozent der uns vorgestellten Kinder komplexe Entwicklungsrückstände auf, und die restlichen 20 Prozent sind Kinder mit klassischen Behinderungen.
Daher benötigen wir unterschiedlich aus- und vorgebildete Pädagoginnen und Therapeutinnen, vor allem solche, die kompetent in Gesprächsführung sind, Wissen an pflegerischen, psychologischen und pädagogischen Themen haben, über eine gute Beobachtungs- und Analysegabe verfügen und Spaß daran haben, andere Menschen anzuleiten, zu beraten, zu überzeugen und zu fördern. Kinder mit Sprach-, Wahrnehmungsstörungen und Schwierigkeiten im sozial-emotionalen Bereich sind bei uns prozentual am häufigsten vertreten.

Christine Falk-Frühbrodt: Können sich auch Männer auf Frühförderung spezialisieren und Frühförderer werden?

*Nicole Koch: Unser Stellenangebot richtet sich an weibliche, männliche und diverse Bewerber. Aktuell haben wir drei Männer im Team. Gern können es mehr werden.

Christine Falk-Frühbrodt: Wie sieht der Arbeitsalltag einer Frühförderin / eines Frühförderers in Ihrer Einrichtung aus?

Nicole Koch: 50 Prozent der Arbeitszeit besteht aus Arbeit mit dem Kind; die anderen 50 Prozent sind Elternarbeit. In Fällen von Kindeswohlgefährdung und fehlenden Erziehungskompetenzen sind es hin und wieder auch 80 Prozent Arbeit mit den Eltern. Daher suchen wir Fachkräfte mit Beratungskompetenzen und einem systemischen Blick. Um den geht es ja auch in Ihrer Ausbildung zur Frühförderin. Wir fördern Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren bzw. bis zum Schuleintritt in ihrem Lebensumfeld Kita und zu Hause. Das bedeutet, dass unsere Fachkräfte in der Frühförderung viel mobil unterwegs sind, wechselnde Bezugspersonen haben und in den Familien auch viel zu sehen bekommen. Das zeichnet den interdisziplinären Auftrag innerhalb der Frühförderung aus. Wir sind die Koordinierer des Falls.

Christine Falk-Frühbrodt: Eine Tätigkeit als Frühförderin ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Welche Unterstützung geben Sie Ihren Mitarbeiterinnen?

Nicole Koch: Neue Mitarbeiter/innen gehen bei uns ein Jahr in Lernzeit. Das bedeutet, dass Sie in dieser Zeit schrittweise und mit Unterstützung eines Mentors das gesamte Arbeitsfeld der Frühförderung kennen lernen und so nach und nach Aufgaben übernehmen. Es finden monatliche Reflexionsgespräche, Fallgespräche im Team statt. Supervision ist bei uns selbstverständlich und wichtig, weil eine Tätigkeit als Frühförderin nicht nur Erfolgserlebnisse mit sich bringt, sondern auch psychisch belastend sein kann. Aus diesem Grund arbeiten wir gern in Tandemteams.

Christine Falk-Frühbrodt: Sie haben durch unsere Ausbildung zur Frühförderin zu uns gefunden. Wie bewerten Sie den Praxisbezug unserer Ausbildungsinhalte? Welchen Wert haben die in unserem Curriculum enthaltenen Themen für den Arbeitsalltag einer Frühförderin?

Ausbildung zur „Frühförderin / Frühförderer“

Berufsbegleitende Zusatzausbildung im Bereich der frühen Bildung (Frühförderung) in Hamburg und München

Nicole Koch: Nach unseren Erfahrungen sind Kenntnisse und Fähigkeiten in Gesprächsführung in Kombination mit systemischem Denken und Handeln von großer Bedeutung für den Erfolg einer Frühförderung. Frühförderinnen und Frühförderer müssen sich auf die unterschiedlichsten Menschen einstellen können, ihnen auf Augenhöhe begegnen und beraten können. Das ist Bestandteil und Ziel Ihrer Ausbildung zur Frühförderin. Auch die Themen Prävention von Leserechtschreibschwäche und Prävention von Rechenschwäche sind wichtig. Wir haben eine Sonderpädagogin und Frühförderin im Team, die genau diesen Bereich abdeckt. Entwicklungsdiagnostik, Bewegungserziehung und Wahrnehmung sind ebenfalls Themen, die in ein Weiterbildungsangebot für angehende Frühförderinnen gehören. Dass es bei Ihnen auch um Hochbegabung geht, finde ich besonders spannend. Es kommt gar nicht so selten vor, dass Kinder mit unerklärlichen Verhaltensweisen in Wahrheit ausgesprochen pfiffig sind und keine Therapie, sondern passende Lernangebote benötigen. Wenn eine Frühförderin dafür einen Blick hat, kann sie sehr viel Gutes bewirken.

Christine Falk-Frühbrodt: Was verdient eine Frühförderin / ein Frühförderer? Sicher ist das Gehalt regional unterschiedlich und auch abhängig von den Qualifikationen der Bewerber/innen.

Nicole Koch: Bei uns in Fürstenwalde (Brandenburg) haben wir eine Gehaltsspanne von 2800 bis 3200 Euro. Das hängt ab vom Beruf, den Erfahrungen und dem Vorliegen von Zertifikaten wie dem des IFLW.

Christine Falk-Frühbrodt: Ich danke Ihnen für das Gespräch bei Ihnen in Fürstenwalde und die interessanten Einblicke in Ihre wichtige Arbeit. Ihr Stellenangebot haben wir an unsere Absolventinnen und Absolventen weitergeleitet.

Nach oben scrollen