SI Sensorische Integration

Was ist Sensorische Integration (SI)?

Sensorische Integration nach Ayres

Die Entwicklerin der Sensorischen Integrationstherapie Anna Jean Ayres (* 1920; † 1989) definierte sensorische Integration als „den neurologischen Prozess, der Sinneseindrücke aus dem eigenen Körper und aus der Umwelt organisiert und es uns ermöglicht, den Körper effektiv in der Umwelt einzusetzen“ (Ayres 1972, S. 11). Durch die sensorische Integration kommen die verschiedenen Wahrnehmungsbereiche (z.B. Tastsinn, Sehsinn, Hörsinn) miteinander in Verbindung. Alle über die Sinnessysteme aufgenommenen Informationen werden integriert, d.h. sie werden im Nervensystem und Gehirn weitergeleitet, verarbeitet und gedeutet, damit der jeweiligen Situation angemessene Handlungen erfolgen können. Sensorische Integration könnte auch als „Wahrnehmungsverarbeitung“ bezeichnet werden und ist etwas, was jeder Mensch ein Leben lang macht. Manchmal verläuft dieser Prozess jedoch nicht optimal.

Was sind Sensorische Integrationsstörungen?

Sensorisch-integrative Dysfunktionen können sich als Störungen der Praxie oder als Störungen der sensorischen Modulation äußern. Im ersten Fall ist die Bewegungsplanung und -ausführung beeinträchtigt; im zweiten Fall ist die Fähigkeit zur Regulierung der eigenen Reaktionen auf Sinnesreize betroffen. Es kommt zu Über- oder Unterreaktionen, die ein situationsangemessenes Handeln unmöglich machen können. Betroffene Kinder wirken ungeschickt, stoßen überall an und neigen auf der Schaukel zu Schwindel und Übelkeit. Andere Kinder möchten nicht berührt werden oder meiden den Kontakt zu bestimmten Materialien oder Gegenständen. Diese Besonderheiten können die Handlungsfähigkeit, das Bewegungsverhalten, die sozialen Beziehungen, die Aufmerksamkeit und das Erlernen schulischer Grundfertigkeiten – speziell das Lesen, Schreiben und Rechnen – stark beeinträchtigen.

Was ist Sensorische Integrationstherapie (SI)?

In einer Sensorischen Integrationstherapie wird dem Klienten die Möglichkeit gegeben, ein verstärktes Reizangebot zu erfahren und sinnvoll zu verarbeiten. Das Kind lernt innerhalb bedeutsamer und alltagsnaher Spielsituationen, seine motorischen und emotionalen Handlungen besser an die Umwelt anzupassen. Durch seine Eigenaktivität gelangt es zu immer neuen Erfahrungen, die ihm die Tür zu weiteren Entwicklungsschritten öffnen. Wesentliche Ziele der Therapie sind Erfolgserlebnisse, eine Stärkung des Selbstbewusstseins und ein Nachreifen des Gehirns. Die Sensorische Integrationstherapie bzw. SI-Elemente kommen in unterschiedlichen Fachdisziplinen zum Einsatz, vor allem aber in jenen therapeutischen Berufen, die ihr Augenmerk auf die Wahrnehmung und die Motorik richten. Dazu zählen insbesondere die Ergotherapie, die Physiotherapie, die Motopädagogik, die Heilpädagogik und die integrative Lerntherapie.

SI in der Ergotherapie

Die Sensorische Integrationstherapie ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz weit verbreitet und wird vor allem von Ergotherapeuten bei der Behandlung von Kindern mit Entwicklungs- und Lernstörungen eingesetzt. Viele Ergotherapiepraxen haben zumindest eine Fachkraft mit SI-Ausbildung bzw. SI-Qualifizierung im Team. Da Anna Jean Ayres Psychologin und Ergotherapeutin war, ist die Sensorische Integrationstherapie stets von ergotherapeutischen Modellen geprägt gewesen und überwiegend von Ergotherapeuten ausgeübt worden. Es war jedoch Ayres selbst, die hervorhob, dass Interventionen auf SI-Grundlage auch von Pädagogen, Psychologen und anderen Fachleuten aus Gesundheitsberufen durchgeführt werden können.

SI in der integrativen Lerntherapie

Wahrnehmung und Motorik sind wesentliche Grundlagen sämtlicher Lernvorgänge. In der integrativen Lerntherapie werden daher vielfältige Wahrnehmungs- und Bewegungsangebote genutzt, um das Kind in ein dem Lernen förderlichen Zustand zu bringen und ihm die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen zu erleichtern. So können beispielsweise Buchstaben aus verschiedenen Materialien ertastet werden, ein Hör-Memory die auditiven Fähigkeiten schulen und Kim-Spiele Leistungen der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und des Erinnerungsvermögens fordern und fördern. Unter Lerntherapeuten verbreitet ist auch das Hüpfen bzw. Schwingen von Silben, das Lernen in der Hängematte und der Einsatz des Trampolins, wenn ein Kind noch nicht das nötige Aktivierungsniveau hat, um sich der nächsten Lernanforderung stellen zu können. Von diesen aus der SI-Therapie und Psychomotorik stammenden Elementen können auch lernschwache Kinder profitieren, die nicht die Kriterien einer Sensorischen Integrationsstörung erfüllen. Es ist daher sehr zu empfehlen, dass sich auch Lerntherapeuten mit der Theorie und Praxis der Sensorischen Integration befassen, um einen entsprechenden Förderbedarf erkennen und ihre therapeutischen Interventionen darauf abstimmen zu können.

Weitere Informationen

Mit der Fachkundeprüfung „Sensorische Integrationstherapie“ weisen Sie grundlegende Kenntnisse im Bereich der Sensorischen Integrationstherapie (SI) gegenüber Arbeitgebern und Klienten nach.

Literatur

Ayres, A. J.: Sensory integration and learning disorders. Western Psychological Services, 1972.

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